Nachhaltigkeit in der Logistik – Optimistisch am Ziel vorbei?

INFORM-Umfrage offenbart schleppende Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien in Unternehmen.

Ist die aktuelle Krise eine Chance für eine nachhaltigere Wirtschaft? Unter ökonomischen Gesichtspunkten betrachtet, mit Sicherheit! Obwohl die Diskussion um mehr Nachhaltigkeit nicht neu ist, fehlt es in vielen Unternehmen immer noch an der konkreten Umsetzung. Das Potenzial und auch die Bereitschaft, nachhaltiger zu wirtschaften, ist da. Dennoch stehen Unternehmen noch am Anfang. In einer Umfrage haben INFORM und LOGISTIK HEUTE 72 Fach- und Führungskräfte gefragt, was Nachhaltigkeit in der Logistik für sie eigentlich bedeutet und wie diese im Unternehmen aktuell umgesetzt wird.

Die anhaltende Krise, wie auch die Fridays-for-Future Bewegungen haben Debatten rund um das Thema Nachhaltigkeit und Klimawandel wieder aufleben lassen. Internationale Lieferketten und somit auch die Logistikbranche tragen einen nicht unwesentlichen Teil zur Erderwärmung bei. Für viele Unternehmen darf jedoch gerade bei der aktuellen konjunkturellen Lage die Wirtschaftlichkeit nicht auf der Strecke bleiben. Es stellt sich die Frage, inwiefern sich Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit überhaupt vereinbaren lassen.

Die Umfrage hinterließ insgesamt ein optimistisches Stimmungsbild: Rund 81 Prozent der Befragten sprachen Nachhaltigkeit in der Logistik eine hohe bzw. sehr hohe Relevanz zu. 78 Prozent halten Nachhaltigkeit und profitables Wachstum außerdem für gut bzw. sehr gut miteinander vereinbar. Was aber ist Nachhaltigkeit eigentlich? Auf die Frage hin wurde der Begriff eindeutig den Bereichen Ökologie und Naturschutz zugeordnet. Ein kleiner Teil von 11 Prozent tendierte in Richtung Prozessoptimierung und der Rest formulierte Ansätze wie „Unternehmenswachstum“ oder „Organisationsentwicklung“.

Praktische Umsetzung noch ausbaufähig

Betrachtet man schließlich die praktische Umsetzung und Relevanz verschiedener Nachhaltigkeitsansätze im Unternehmen, ebbt der Optimismus und Tatendrang größtenteils ab:

  • Nur 18 Prozent geben an, dass nachhaltige Logistik eine sehr hohe Relevanz im Unternehmen hat
  • 31 Prozent gaben eine hohe Relevanz an
  • 35 Prozent können nur einen durchschnittlichen Stellenwert festlegen
  • 14 Prozent legten eine geringe Relevanz fest
  • 2 Prozent sogar gar keine

Doch das soll in Zukunft nicht so bleiben. Etwa die Hälfte der Befragten berichten, dass das Thema Nachhaltigkeit in ihren Unternehmen derzeit zumindest proaktiv angegangen wird – in 46 Prozent der Fälle angetrieben durch interne Projektgruppen, bei 31 Prozent der Befragten mithilfe des Einsatzes von Logistik IT-Systemen. Im Vordergrund einer nachhaltigen Logistik steht die Transportoptimierung (55%), gefolgt von Abfallreduzierung und Recycling (42%) sowie der Bestandsoptimierung (40%). Der Einsatz von Logistik-IT kann an dieser Stelle effiziente Vorteile mit sich bringen: eine bessere Auslastung vorhandener Kapazitäten, eine Reduzierung von Transporten oder eine erhöhte Transparenz der Prozesse.

Das Diagramm offenbart den verhaltenen Umsetzungsgrad und legt offen, dass sich der Großteil der Unternehmen noch in der Konzeptionsphase befindet. Ob und in welchem Ausmaß entworfene Konzepte zukünftig umgesetzt werden, bleibt ungewiss.

  • Nur 37 Prozent sind vom Erfolg der Nachhaltigkeitsstrategie ihres Unternehmens überzeugt
  • 22 Prozent halten diese sogar für erfolglos

Doch worin liegt die Ursache für diese Ausgangslage? Die wohl größte Hürde sind mit 56 Prozent der Antworten anfallende Kosten, die bei der Umsetzung des Nachhaltigkeitskonzept entstehen könnten. Als weitere Ursachen wurden geringe Ernsthaftigkeit gegenüber Nachhaltigkeit, fehlende Anreize und die Angst vor steigendem Aufwand genannt. „Ermutigend jedoch ist, dass viele mögliche Maßnahmen zur Verfügung stehen, die beispielsweise über Abfallvermeidung, Energieeffizienz oder die Optimierung von Transporten und Prozessen gleichzeitig auch eine Steigerung der Wirtschaftlichkeit in Aussicht stellen“, sagt INFORM Nachhaltigkeits-Expertin Dorothea Ernst.

 

Über die Umfrage
Die TeilnehmerInnen der vorliegenden Umfrage sind Fach- und Führungskräfte unterschiedlichster Branchen: 26 Prozent arbeiten im Bereich Logistikdienstleistungen. Jeweils 17 Prozent kommen aus der Automobilindustrie und dem Handel. Es folgen Branchenvertreter aus den Bereichen Chemie und Pharma (9 Prozent), Konsumgüter, Lebensmittel, Maschinen- und Anlagenbau (alle drei mit jeweils 6 Prozent), Textil und Elektrotechnik (je 2 Prozent). Die übrigen 9 Prozent gaben „Sonstige Branchen“ an. Die befragten Unternehmen beschäftigen bis zu 100 Mitarbeiter (32 Prozent), 100-500 Mitarbeiter (25 Prozent), 500-1.000 Mitarbeiter (11 Prozent), 1.000-10.000 Mitarbeiter (10 Prozent) oder mehr als 10.000 Mitarbeiter (22 Prozent).